Die Dunkelheit fühlen
Sie haben sicherlich schon einmal von der Milchstraße gehört. Das leuchtende Band von mehr als 200 Milliarden Sternen, das sich über den Nachthimmel erstreckt. Aber es ist nicht sicher, dass Sie die Milchstraße dort sehen können, wo Sie wohnen. Dafür gibt es einen Grund.
Wenn das Licht die Sterne erblassen lässt
Der Grund ist eine Verunreinigung durch Licht, gemeint damit ist das künstliche Licht von Straßenlampen, Autoscheinwerfern, Neonreklamen, Beleuchtung von Häusern, Fabriken u.v.a.m., das Tag und Nacht leuchtet. Die Verunreinigung durch Licht ist besonders in Europa und den USA ausgeprägt, weil 99% der Bevölkerung in Gebieten wohnen, wo die Lichteinwirkung wie ein Filter die Aussicht auf den Sternenhimmel trübt. 60% der Europäer wohnen in Gebieten, wo die Lichtverunreinigung so ausgeprägt ist, dass sie nicht die Milchstraße erahnen können.
„Aber kann das nicht gleichgültig sein“? fragst du. Nein, nicht wenn man den Forschern Glauben schenken soll, denn sie haben darauf hingewiesen, dass Verunreinigung durch Licht das Ökosystem der Erde stört. Weder Menschen, noch Tiere, noch Pflanzen gedeihen unter konstanter Lichteinwirkung.
Die Birne aktivieren – ausschalten!
Deshalb gibt es an mehreren Stellen auf der Erde Projekte, die sich mit dem Problem der Lichtverunreinigung beschäftigen. Eine dieser Initiativen ist das EU-Projekt „Night Light“, an dem Samsø beteiligt ist. Zusammen mit sechs anderen Ländern in Europa soll Samsø dazu beitragen, Handlungspläne zu erarbeiten sowie „dark-sky“-Gebiete zu etablieren, welche auf Sicht u.a. eine dauerhafte Reduktion der Lichtverunreinigung zur Folge haben sollen. Ein Werkzeug dafür ist die Benennung von Naturgebieten, wo der dunkle Himmel geschützt sein soll.
„Auf Samsø haben wir mehrere Orte, wo wir fast keine Lichtverunreinigung haben. Einer von diesen befindet sich bei Kragemosen in den Nordby Bakker. Hier stammt die einzige dauerhafte Verunreinigung durch Licht vom Leuchtturm auf Hjelm, der fast 22 km entfernt ist“, erklärt Finn Leth von der Bürgervereinigung Nordby Sogn, einer der örtlichen Partner des Projektes, welches bei der Samsø Energieakademie verankert ist.
Die faszinierende Dunkelheit
Finn hat erst kürzlich entdeckt – besser: wieder entdeckt – nämlich wie faszinierend Dunkelheit sein kann. „Als Kind war ich Pfadfinder und damals war Dunkelheit ganz natürlich, wenn man sich draußen aufhielt. Später, als Erwachsener, hat Dunkelheit eine andere Rolle bekommen. Dunkelheit hat eine Bedeutung, sie ruft eine Art von Andacht hervor und gibt uns dadurch die Fähigkeit zu fokussieren“, erklärt er.
Kulturhistorisch gesehen hat die Menschheit die Dunkelheit bekämpft, insbesondere seit man Feuer machen konnte. Dies hat seine Spur in unserem Verhältnis zur Dunkelheit hinterlassen, erklärt Finn: „Ich kann auch Angst vor der Dunkelheit bekommen, wenn ich auf einem Feldweg gehe und irgendwelche Laute höre. Dunkelheit ist ja gefährlich! Sie verbirgt alle unheimlichen Wesen, die uns nichts Gutes wollen. Ja, so sind wir erzogen worden und deshalb kostet es für die meisten einige Überwindung, um sich in die Dunkelheit zu bewegen“.
Aber die Dunkelheit ist überhaupt nicht gefährlich – man wird belohnt, wenn man es wagt, versichert Finn. „Die Dunkelheit selbst vermittelt ein vehementes Erlebnis und dann ist da noch der leuchtende Sternenhimmel, den man in der Dunkelheit sehen kann. Wohnt man in einer Stadt oder in deren näheren Umgebung, dann bietet Samsø ein ganz anderes Erlebnis von einem Nachthimmel“.